|
Besetzung:
Stück: Iphigenie sollte einst von ihrem Vater Agamemnon geopfert werden, um günstigen Wind für den Kriegszug nach Troja zu erflehen. Sie wurde jedoch von Diana gerettet und nach Tauris entrückt, wo sie der Göttin nun als Priesterin dient. Als Thoas, der König der Taurier, um sie wirbt, offenbart sie ihm das Geheimnis ihrer Herkunft. Zwei Fremde sind angekommen, die gemäß eines alten Brauches den Göttern geopfert werden sollen. Es sind Orest, Iphigenies Bruder und sein Freund Pylades. Iphigenie ist zunächst bereit, den beiden zur Flucht zu verhelfen. Doch nach schwerem inneren Kampf enthüllt sie dem König ihren Plan... Pressestimmen: Oberhessische Presse Marburg. Mit großer darstellerischer Gemeinschaftsleistung brachten fünf Schauspieler des Landestheaters am Samstag „Iphigenie auf Tauris“ auf die Bühne. Das Stück indes bleibt sperrig. von Gabriele Neumann Nein, entspannende Abendunterhaltung gab es nicht bei der Premiere des Klassikers „Iphigenie auf Tauris“. Schließlich geht es um nichts weniger als die Geburt des Humanismus. Die war schon bei Goethe recht akademisch, in einem Text, der alles mitbringt, was Literaturwissenschaftler glücklich macht, aber wenig, was Theaterbesucher bewegt. Regisseur David Gerlach stand deshalb vor der schwierigen Aufgabe, die komplexe Handlung im 21. Jahrhundert zeitgemäß zu präsentieren. Zum Teil ist ihm das geglückt, nämlich im schwierigsten Teil, in dem er das Wagnis einging, die Figuren auf mehrere Personen zu verteilen und dieses Prinzip konsequent durch das ganze Stück zog. Dank der hervorragend disziplinierten Leistung von Carl Pohla, Daniel Sempf, Joanna-Maria Praml, Gabriel Spagna und Peter Meyer gelang es relativ schnell, zu erkennen wer gerade Iphigenie verkörperte. Wenn Orest etwa wie in Trance über die Bühne taumelt, war das Bewegungsmuster stets ähnlich, gleich ob er gerade von Joanna-Maria Praml oder Peter Meyer dargestellt wurde. Um die Orientierung zu erleichtern, lasen die Schauspieler aus Kladden mit Goethe-Konterfei auch Regieanweisungen vor. Aber auch Monologe wurden gemeinsam vorgetragen und so vom Individuum getrennt. Diese chorische modulationsarme Vortragsweise entfaltete im gotischen Fürstensaal eine sehr passende sakrale Aura, wirkte aber auf einige Zuschauer auch stark sedierend. Auf der leicht erhöhten schrägen Bühne gab außer fünf Hockern kein Bühnenbild dem Auge Halt. Und außer den Klängen rauschender Wellen zum Ende der einzelnen Akte gab es keine akustische Begleitung. Es ging um Text, nicht um Bilder. Lebendig wurde es immer dann, wenn der Klassiker mit Augenzwinkern ironisch gebrochen wurde, etwa wenn vier Darsteller nacheinander sagen „Ich bin Orest“. Leider waren diese Momente recht selten. Dafür steigerte sich zum Schluss hin die Lautstärke emphatisch herausgeschriener Bekenntnisse der Figuren. Da hätte es auch ein wenig weniger getan. Alle gleich bleich geschminkt, trugen die Schauspieler wie zum Ausdruck des angestrengten Denkens Kopfmasken mit Hirnwindungen und wie zum Ausdruck der Gemeinschaftsleistung alle die gleichen roten „All Star“-Turnschuhe. Zusammen mit den langen weißen Plastikgewändern wirkte das wie eine Klingonen-Kopie aus dem „Raumschiff Enterprise“, und das lenkte dann doch vom Text ab. Der sei hier noch einmal kurz erläutert. Iphigenie steht als Priesterin auf der Insel Tauris vor der schweren Entscheidung, entweder ihren Bruder Orest zu opfern oder König Thoas zu hintergehen und den Bruder zu retten. Nach langem innerem Kampf vertraut sie sich dem König an und legt ihr Schicksal in seine Hand. Er lässt sie, ebenfalls nach langer Überlegung, ziehen. In langen Monologen lässt Goethe die einzelnen Figuren die Vorgeschichte und Hintergründe erläutern. Diese Monologe teilte Gerlach oft unter den Darstellern auf, die im schnellen Wortwechsel erstaunliche Dynamik entwickelten. Erst ganz zum Ende des Text-Marathons gab es kleine Konditionsschwächen bei einigen Schauspielern. Das formale Problem, dass „Iphigenie“ eher ein Stück zum Lesen als zum Spielen ist, blieb bestehen. Der Inhalt aber, nämlich, dass es durchaus lohnenswert ist, Entscheidungen nicht nur vom persönlichen Profit abhängig zu machen, ist heute aktueller denn je und lohnt ein wenig Anstrengung. Das honorierten auch die Besucher im fast ausverkauften Fürstensaal mit langem Applaus. Gießener Allgemeine Zeitung Iphigenies Feuertaufe in roten Turnschuhen Premiere von Goethes klassischem Drama im Fürstensaal des Landgrafenschlosses in Marburg In weißen Lackgewändern mit roten Turnschuhen schreitet das Ensemble der Bühne entgegen, die Gehirnwindungen nach außen tragend, rätselhaft suchend und letztendlich aus Goethes »Iphigenie auf Tauris« zitierend, als sei man sich nicht sicher, was man mit diesem Stoff anfangen solle. Dies mag manchen Zuschauer der Premiere von Goethes klassischem Drama am Samstag im Fürstensaal des Marburger Landgrafenschlosses sonderbar angemutet haben, doch nur einen kurzen Moment lang. Was folgte, war eine außergewöhnliche Präsentation, die getragen wurde von einem regelrechten Sturm an Worten, der Johanna-Maria Praml, Peter Meyer, Carl Pohla, Daniel Sempf und Gabriel Spagna oft an die Grenzen zu treiben schien. Wer eine klassische Rollenverteilung erwartete, wurde – glücklicherweise – enttäuscht. Denn die Faszination des von David Gerlach inszenierten Stückes geht davon aus, dass die Schauspieler einerseits Vermittler des Stoffes, andererseits selbst agierende Figuren sind. Sie führten in das Geschehen ein, sie lasen die Regieanweisungen vor, sie beobachteten selbst als Zuschauer das Agieren auf der Bühne, sie wechselten die Rollen ungeachtet der Geschlechter, sie sprachen sowohl im Einklang als auch durcheinander, sie erhoben die Stimmen und flüsterten wieder. Dem Ensemble wurde einiges abverlangt in dieser Inszenierung, die das Publikum durch den bemerkenswert starken Wortfluss mitriss. So wie Klaus Weber sich durch die Wahl der Requisiten auf das Wesentliche konzentrierte, tat es auch das Stück selbst: Das Wort stand im Mittelpunkt und wurde von keiner üppig-überladenen Ausstattung gestört. Wenn das Ensemble wechselseitig in die Ahnengeschichte einführt, dann stockend fortfährt und plötzlich in einer Art Wortschwall sich bis zur Ekstasen steigert, kann man sich der Wortgewalt kaum entziehen. Die emotional aufgewühlte Situation fängt sich auf amüsante Weise: Daniel Sempf, Carl Pohla und Gabriel Spagna lassen sich auf ihren Hockern nieder und lutschen einen Lollipop, während sie das Geschehen beobachten. Fast gerät es in dieser Inszenierung aus dem Blickfeld des Zuschauers, dass Iphigenie von ihrem Vater Agamemnon geopfert werden sollte, um günstigen Wind für den Kriegszug nach Troja zu erflehen, von Diane gerettet und nach Tauris entrückt wurde, wo sie sich schon bald dem Konflikt ausgesetzt sieht, Orest – ihren Bruder – und deren Freund Pylades opfern zu müssen. Doch im vierten Aufzug findet man durch den kurzen Monolog Iphigenies zurück zur folgenschweren Entscheidung, die sie zu treffen hat. Auch hier ist es nicht ausschließlich an Johanna-Maria Praml – die den emotionalen Konflikt durch ausdrucksstarkes Spiel verdeutlicht – die Iphigenie zu verkörpern. Der Rollentausch wird kontinuierlich fortgesetzt ohne die Tatsache zu schmälern, dass in Goethes Stück Politik und Religion sowie Fürsten und Götter – auch ihr oft absurdes Verhalten – in Frage gestellt werden. Iphigenie wählt nicht den einfachen Weg und verhilft den vermeintlichen Opfern zur Flucht, sie appelliert an des Königs Humanität und wird so zu einer Art idealem Menschen, der durch seine Vernunft handelt. Ein »Lebt wohl« erklingt nacheinander vom Ensemble, das die Bühne genau so verlässt, wie es sie betreten hat. Auch wenn es im berühmten »Parzenlied« im vierten Auftritt des fünften Aufzuges heißt: »Es fürchten die Götter das Menschengeschlecht!...«, so kann man doch sagen, dass niemand David Gerlachs Inszenierung zu fürchten braucht, wie das Publikum durch seinen abschließend lang anhaltenden, tosenden Applaus erkennen ließ. Julia Ortkemper Marburger Forum Das Hessische Landestheater Marburg Johann Wolfgang Goethe: Iphigenie auf Tauris Premiere: 11. Februar 2006 im Fürstensaal/ Landgrafenschloß Das Spielensemble:
Joanna-Maria Praml
Inszenierung : David Gerlach Die Figuren sehen fremd aus, gehören in ihren weiß glänzenden Plastikumhängen, mit ihren fahl geschminkten Gesichtern und ihren Kopfmasken, nachgebildeten Gehirnen, nicht zu dieser Wirklichkeit. Sie schreiten, wenn das Stück beginnt, langsam von allen Seiten auf die Bühne zu, halten an der Rampe kurz ein, steigen dann hinauf, blicken sich verwundert um, sehen die fünf Hocker mit einem Buch darauf, nehmen die Iphigenie-Texte, denn darum handelt es sich, in die Hand, blättern neugierig, als hätten sie etwas Seltsames aus einer anderen Zeit entdeckt, setzen sich auf die Hocker und beginnen ruhig im Chor zu lesen: „Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie, Ein Schauspiel, Personen: Iphigenie, Thoas“. Sie zitieren jedes Wort des Anfangs und sprechen dann die berühmten Verse: „Heraus in eure Schatten, rege Wipfel / Des alten, heilgen, dichtbelaubten Haines, / Wie in der Göttin stilles Heiligtum, / Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl, / Als wenn ich sie zum erstenmal beträte, / Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher.“ Ein eindrucksvoller, aber auch riskanter Beginn der Iphigenie-Aufführung des Hessischen Landestheaters. Eines haben die ersten Minuten bereits klar gemacht. Diese Inszenierung von David Gerlach wird einen anderen Bühnenweg zu Goethes „Exempelspiel“ (Karl Otto Conrady) einschlagen, auf ihre Weise ernst machen mit dem der Wirklichkeit entrückten Tantaliden-Mythos, mit dem Modellcharakter des Konflikts zwischen der Griechin und dem Barbaren und seiner utopischen Auflösung am Schluss, also gar nicht erst versuchen, für dieses „Lesedrama“ eine herkömmliche Bühnenhandlung zu inszenieren, sondern – im Gegenteil – den Text von allen Handlungselementen lösen und die Goethesche Sprache aus kunstvollen Blankversen allein in das Zentrum des Spiels stellen. Dieses Vorhaben ist – alles in allem – gelungen. Regisseur David Gerlach hat mit seinem Team, dem Ausstatter Klaus Weber und der Dramaturgin Annelene Scherbaum, mit der Sprech-Form einen Zugang zu Goethes Schauspiel gefunden, der bühnenwirksam ist, aber auch dem Motiv der Überwindung des Barbarischen mit Hilfe der Menschlichkeit Gewicht gibt und ahnen lässt, worin die Suggestionskraft des mehr als zweihundert Jahre alten Texts von Goethe liegen kann, wenn er mit anderen als den herkömmlichen Mitteln dargeboten wird. Denn so ohne weiteres zugänglich ist Goethes Stück heutigen Theaterbesuchern nicht. Es greift einen alten Mythos auf, dessen einer Teil, die Orest-Handlung, in der Orestie von Aischylos (524 – 455), dessen anderer Teil, die Iphigeniehandlung, von Euripides (485 – 406 v. Chr.) in den Tragödien Iphigenie in Aulis und Iphigenie bei den Taurern gestaltet wurden. Goethe verknüpft in seinem Schauspiel das Schicksal Iphigenies mit dem ihres Bruders Orest. Iphigenie lebt, von der Göttin Artemis vor dem Opfertod durch ihren Vater Agamemnon gerettet, in der Fremde auf Tauris. Sie sehnt sich zurück nach Griechenland, weiß aber, dass ihr Wunsch nicht in Erfüllung gehen darf; denn durch ihr Priesteramt hat sie den König Thoas dazu gebracht, die traditionelle Opferung Fremder aufzugeben. Ihre Situation wird, so beginnt Goethes Stück, dadurch schwierig, dass Thoas um ihre Hand wirbt. Der Konflikt zwischen ihr und dem König spitzt sich zu, als zwei Fremde auf der Insel landen und Iphigenie in dem einen ihren Bruder Orest erkennt. Orest ist nach der Tötung seiner Mutter, mit der er Agamemnons Ermordung rächen wollte, von Furien gehetzt geflohen und zusammen mit Pylades schiffbrüchig auf Tauris gelandet. Thoas verlangt von Iphigenie, falls sie seinem Werben nicht nachgebe, die Menschenopfer wieder aufzunehmen und die beiden Fremdlinge wie ehedem zu töten. Iphigenie sieht sich in einem ausweglosen Konflikt, der am Ende des vierten Auftritts im Parzenlied – „Es fürchte die Götter / Das Menschengeschlecht / Sie halten die Herrschaft / In ewigen Händen, / Und können sie brauchen, Wie´s ihnen gefällt.“ – seinen Ausdruck findet. Die letzten Zeilen des Lieds lauten: „So sangen die Parzen; / Es horcht der Verbannte, / In nächtlichen Höhlen / Der Alte, die Lieder, / Denkt Kinder und Enkel / Und schüttelt das Haupt.“ Der Konflikt wird in Goethes Schauspiel in Abkehr von allen antiken Vorbildern aufklärerisch-vernünftig gelöst. Indem sich Iphigenie zur unbedingten Wahrheit Thoas gegenüber bekennt, ihm die Fluchtpläne, die Orest für sie alle geschmiedet hat, verrät, alles wagt und riskiert, gelingt ihr eine „unerhörte Tat“, die schließlich, entgegen aller Alltagserfahrung, zur Rettung und Versöhnung führt. Iphigenie vertraut Thoas, setzt auf seine Menschlichkeit, und der kann nicht anders, als sich dieser Erwartung zu stellen und ihr zu entsprechen. Er lässt sie und Orest nach Griechenland zurückkehren. Sein „Lebt wohl!“, mit dem das Schauspiel schließt, besiegelt einen neuen Bund aus Freundschaft, Toleranz und Achtung. Es ist ein Ende, das der Erfahrung, dass Konflikte, persönliche wie gesellschaftliche oder staatliche, in der Regel, wenn überhaupt, nach taktischen Gesichtspunkten gelöst werden, eine utopische, völlig andere Erfahrung gegenüberstellt: die nämlich, dass Vertrauen und gegenseitige Achtung allein zu einer dauerhaften, wirklichen Konfliktbewältigung führen. Gerlachs Inszenierung gelingt es, sowohl Iphigenies Konflikt wie die Lösung am Ende allein über die Goethesche Sprache plausibel zu machen. Er lässt alle Rollen von allen Schauspielern sprechen, lässt Textstellen aus dem Buch lesen, chorisch vortragen, von einzelnen Sprechern rezitieren, zeigt aber auch immer wieder ein szenisches Spiel und macht so aus Goethes Text eine abwechslungsreiche, spannungsvolle Aufführung. Der Regisseur vermeidet jedes Pathos, das Goethes Verse der Gefahr einer unverbindlichen Theatralik ausgesetzt hätte, und verleiht den Versen dadurch ein besonderes Gewicht. An mehreren Stellen drücken die Schauspieler mit Gekicher oder mit Blicken ihre Verwunderung über den Text oder mit Körperhaltung und Gesten ihre innere Distanz zu ihm aus. Solche ironischen Brechungen schützen Goethes Verse vor falscher Größe und Erhabenheit, so dass ihre inhaltliche Unerhörtheit und Radikalität wirken können. Requisiten – eine Kette und ein Eisenstab genügen, um Gewalt und Brutalität darzustellen – braucht es in einer solchen Inszenierung, die ganz auf Sprache setzt, nicht. Klaus Webers weiß glänzende Plastikumhänge, auf denen vorne eine rote Linie – eine Blutlinie? eine anatomische Naht? – zu sehen ist, und die (etwas aufdringlich-übertriebenen) Gehirnattrappen machen aus den Spielern mit ihren fahlen Gesichtern auferstandene Tote, Geisterwesen aus einer anderen Welt, die manchmal wie antike Marmorfiguren abwesend, auch abweisend und kalt auf ihren Hockern auf dem roten Bühnenboden sitzen, dann wieder in einem furiosen Wortschwall mit einander agieren und den Konflikt zwischen Thoas und Iphigenie antreiben. Der Zuschauer gewinnt, je länger er dem „Wortekampf“ zusieht, den Eindruck, als werde er Zeuge von Vorgängen aus Urzeiten, die ihn aber dennoch mehr, als ihm lieb sein kann, angehen. Das Spielensemble aus Joanna-Maria Praml, Peter Meyer, Carl Pohla, Daniel Sempf und Gabriel Spagna setzt diese Goethesche Welt aus Worten mit Intensität und Konzentration in ein wirkliches Bühnenspiel um. Goethes Sprache verliert, wenn die Schauspieler im Chor sprechen, aber auch wenn sie den Text szenisch vorführen, jegliche klischeehafte Überhöhtheit und unverbindliche Künstlichkeit. Das gelingt eindrucksvoll im Schlussteil und beim Parzenlied. Gerade der unprätentiöse chorische Vortrag der Liedzeilen vorn am Bühnenrand macht daraus eine bewegende Klage über die Distanz zwischen Göttern und Menschen. Goethe hat in einem Brief an Schiller (19. 1. 1802) davon gesprochen, dass ihm – der Satz wird oft zitiert – Iphigenie jetzt, da er „hie und da hineingesehen“ habe, „ganz verteufelt human“ vorkomme. Diese Einschätzung ist möglicherweise einer der Gründe dafür, dass Iphigenie in diesen Zeiten nicht häufig auf deutschen Bühnen zu sehen ist. Der Glaube an Konfliktlösungen, wie in der Iphigenie demonstriert, scheint nicht sehr groß zu sein, eher zu schwinden. Dabei ist das Schauspiel eigentlich hochaktuell; zeigt es doch jenseits aller kultureller, gesellschaftlicher, politischer Zwänge Wege zum Zusammenleben Verfeindeter auf. Das Stück führt die Bedeutung von Eigenverantwortlichkeit und intelligentem Handeln von Menschen in Problemsituationen vor. Natürlich hat das alles idealistische, utopische, didaktisch-erzieherische Seiten und Merkmale. Goethes Iphigenie zeigt aber auch das überraschend Einfache einer Konfliktbewältigung, indem der Text – vielleicht auf absurde Weise – der Willkür und Intoleranz ein Handeln des einzelnen, das auf vernünftigen Entscheidungen und genauen Vorstellungen von Zusammenleben beruht, gegenüberstellt. – Die Marburger Inszenierung lässt die Goethesche Idee solchen radikalen Handelns auf der Bühne lebendig werden. Herbert Fuchsmarburg news
Iphigenie auf Tauris: Goethes Klassiker ganz modern |
|||||||||||||
©2000 - 2024 powered by roware.net |